Sind wir Freunde – Simone Böhm

Kooperationseinrichtung – Im Gefilde, Klara-Ziegler-Bogen, München-Waldperlach, 2003
Kunst am Bau im rahmen von Quivid

Figur und Tränensee von Simone Böhm.
technische Gesamtkonzeption, Konstruktion und Steuerung von leuchten-modelle Pancho Schlehhuber

Figur aus Keramik mit Acryl bemalt (1,20 m hoch),
See: Aluminiumrelief (ca. 1x 1,5 m Durchmesser leicht ovale Form, Dicke ca. 3 cm)

Ausführung
Unter dem Tänensee aus Alu-Guss befindet sich eine Sickerdole. In dieser wird Regenwasser gefiltert und in einem Behälter gesammelt.
Eine kleine Pumpe fördert nun das Wasser über Schläuche in die Figur und läßt es aus den Pupillen der Figur austreten. Die Tränen laufen an der Figur zu Boden, von dort mit zusätzlichem Regenwasser in einen Gulli und zurück in die Sickerdole.
In einem in der Nähe stehenden Müllhäuschen befindet sich die Stromversorgung und Steuerung. Einen kleine SPS regelt zufallsgesteuert die Wein-Perioden.

Zitat aus dem Pressetext von Quivid:

Die Installation „Sind wir Freunde?“ auf den nördlichen Freiflächen der Kooperationseinrichtung besteht aus einer bemalten Keramikfigur und einer Bodenplatte aus Aluminium. Die kleinwüchsige Gestalt hat die Hände in die Hosentaschen gesteckt und ist mit ihrer Größe von 1,20 m ein Gegenüber für den kindlichen Betrachter. Ihr feines, madonnenhaftes Gesicht mit verhaltenem Blick wird von einer blauen Kapuze umrahmt, die das Haar verdeckt.

Die Figur lässt sich weder in ihrem Geschlecht noch durch ihre Kleidung und Gestik unmittelbar verorten. In der Darstellung weist sie mehr Bezüge zu den Skulpturen der Florentiner Renaissance auf als beispielsweise zu den hyperrealistischen Kinderbildern des britischen Bildhauers Ron Mueck. Ihre leblose Verschlossenheit wird jedoch ‚beseelt‘ durch eine mysteriöse Fähigkeit: In unregelmäßigen Abständen treten vereinzelt Wassertropfen durch die Augenlider aus, technisch möglich durch einen computergesteuerten Apparat im Inneren der Figur.
Die ‚Tränen‘ laufen an der Figur herab und versickern im Boden. In geringem Abstand dazu befindet sich der „Tränensee“, eine polierte Aluminiumplatte, die aufgrund ihrer glänzenden Oberfläche auch an Silber denken lässt. Der augenscheinlichen Verzaubertheit des Wesens haftet etwas Märchenhaftes an, was zusammen mit dem Appell an die Gefühle beim Betrachter Neugier und Imaginationskraft zu wecken vermag. Die rätselhafte Aura stimuliert eine narrative Lesart, vermeidet aber eine eindeutige Interpretation und vertraut auf die Kraft des Märchens als elementare Nahrung für die Seele und wichtige Kraft zur Ausbildung der kindlichen Psyche. Der altbekannte Topos der Belebung toter, seelenloser Materie dient hier zur Thematisierung von Traurigkeit, die in ein begreifbares, poetisches Bild verwandelt wird.

Simone Böhms künstlerisches Schaffen umkreist immer wieder aus unterschiedlichsten Perspektiven das Thema der Kindheit, die sich aus der persönlichen Erinnerung rekonstruiert und bestimmte Gefühle und Stimmungen transportiert, aber zugleich auch Platz für kollektive Erfahrungen lässt.

Patricia Drück

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